Der Spiegel covered the launch of the Earth Security Index Report 2014 at the Munich Security Conference with a panel that included Minister Fu Ying, Chairwoman, Foreign Affairs Committee, 12th National People’s Congress of China; Javier Solana, former chief of NATO and the EU’s External Action Service; Harald Krueger, member of the Board of Management of BMW Group responsible for global production; among others, organized in collaboration with the BMW Foundation. This article has been reproduced with the permission of Der Spiegel.
Studie warnt vor Wasserkrise in China und Indien
Von Markus Becker, 02.02.2014
Die Zerstörung der Umwelt und die Ausbeutung natürlicher Ressourcen bereiten Politikern und Militärs zunehmend Sorge. Eine Studie, die bei der Münchner Sicherheitskonferenz präsentiert wurde, warnt jetzt vor potentiellen Konflikten durch Wasserengpässe in China und Indien.
Wer sich davon überzeugen will, dass Umweltschutz längst nicht mehr nur Ökopaxe in Norwegerpullis interessiert, sollte die Münchner Sicherheitskonferenz besuchen. Im Norwegerpulli käme man hier vermutlich nicht einmal durch die erste Polizei-Absperrung, geschweige denn in das mit Staatssekretären, Ministern, Generälen und Top-Managern gefüllte Hotel Bayerischer Hof. Doch den Anzug- und Uniformträgern bereitet der Umgang der Menschheit mit Natur und Ressourcen inzwischen ähnlich große Sorgen wie Freunden des Grobstricks.
Wie berechtigt die Sorgen sind, wurde schon vor der offiziellen Eröffnung der Konferenz klar. Bei einer Diskussion mit dem markigen Titel "Begrenzte Ressourcen - unbegrenzte Sicherheitsrisiken" saßen Ex-Nato-Generalsekretär Javier Solana und Chinas amtierende Vize-Außenministerin Fu Ying nebeneinander und schauten zeitweise ziemlich besorgt drein.
Ein Grund: Bei der Diskussion wurde der neue Earth Security Indexvorgestellt. Der Report versucht, die Situation diverser Länder in Sachen Ressourcen, Finanzen und Gesellschaft auf einen Nenner zu bringen - und zeigt brisante Entwicklungen auf. Eine davon lautet, dass China und Indien, die zusammen mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung stellen, schon bald ein massives Wasserproblem bekommen könnten.
Verdrecktes Grundwasser
In China sei mehr als die Hälfte des Grundwassers mit Rückständen aus Industrie und Viehhaltung verdreckt. Durch die Belastung mit Schwermetallen würden nach Schätzungen des zuständigen chinesischen Ministeriums jährlich rund zehn Millionen Tonnen Getreide vernichtet und zwölf Millionen kontaminiert. "Zudem plant China einen 75-prozentigen Anstieg der Stromgewinnung durch Kohle", sagt Alejandro Litovsky, Chef der Earth Security Initiative. "Und die meisten neuen Kraftwerke sollen in Gebieten mit ohnehin belasteter Wasserversorgung entstehen."
Noch bedrohlicher wirkt die Situation in Indien. "Extreme Wasserknappheit" könne die Energie- und Nahrungsversorgung gefährden, heißt es in dem Bericht. Er zitiert Berechnungen des Uno-Umweltprogramms Unep, laut denen Indien bereits im Jahr 2025 die Grenze zum "extremen Wasserstress" überschreiten könnte. Schon jetzt müssten einige Städte mit Tankfahrzeugen aus dem Umland versorgt werden. Im Schnitt entnehme Indien 37 Prozent mehr Grundwasser, als auf natürlichem Wege nachkomme. Exzessive Bewässerung und Düngung hätten zudem Millionen Hektar Land unbrauchbar gemacht.
Auch der Nahe Osten und Nordafrika könnten in absehbarer Zeit auf erhebliche Probleme zusteuern: Länder wie Saudi-Arabien, Libyen, Israel oder Jordanien decken große Teile ihres Wasserbedarf aus fossilen Grundwasserspeichern, die sich vor Jahrtausenden gefüllt haben, als das Klima der Region noch feuchter war. Dieses Wasser ist nicht nur teils mit natürlicher Radioaktivität belastet, sondern könnte stellenweise schon in einigen Jahrzehnten zur Neige gehen.
"Das Bewusstsein für drohende Konflikte um Wasser ist noch wenig ausgeprägt, anders als bei anderen Ressourcen", sagt der frühere CDU-Außenpolitiker und Unionsfraktionschef Friedbert Pflüger, der inzwischen ein Institut für Energie und Ressourcensicherheit am Londoner King's College leitet. "Der Wasserbedarf in China, Indien und Südostasien steigt dramatisch, was in den kommenden Jahren und Jahrzehnten enorme Sicherheitsprobleme mit sich bringen könnte."
Zwei Milliarden Menschen werden zur Mittelklasse gehören
In den kommenden Jahrzehnten könnte sich die Situation durch das Bevölkerungswachstum und den wirtschaftlichen Aufstieg der Schwellenländer noch verschärfen. "Heute gibt es sieben Milliarden Menschen, 2050 werden es neun Milliarden sein", sagt Solana bei der Podiumsdiskussion. "Zwei Milliarden von ihnen werden der Mittelklasse angehören." Was bedeutet: Sie werden Fleisch essen, mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen, Auto fahren und eine Menge Strom verbrauchen.
Dass eine Steigerung des Lebensstandards in den Schwellenländern prinzipiell wünschenswert ist, bestreitet in München niemand - kein Vertreter der Industriestaaten und erst recht niemand aus den Schwellenländern. "100 Millionen Chinesen leben unterhalb der Armutsgrenze von 230 Dollar pro Jahr", erklärt Vizeaußenministerin Fu Ying. "Der chinesische Traum ist ein anständiges Leben für jeden normalen Menschen."
Die Preisfrage lautet: Werden die Schwellenländer ihr Ziel erreichen, ohne die Umweltsünden der Industriestaaten zu wiederholen und den Planeten zugrunde zu richten? Dazu müsste in Zukunft der Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch sinken. Der ist allerdings schon heute zu hoch: Die Menschheit verbraucht derzeit etwa eineinhalb Mal so viel, wie die Erde langfristig bereitstellen kann. Sollte der Pro-Kopf-Verbrauch auf heutigem Niveau verharren oder gar steigen, wird die Menschheit im Jahr 2050 womöglich drei Erden benötigen.
In der Folge könnte es in vielen Ländern ungemütlich werden - und dank der Globalisierung bleiben Konflikte auch nicht immer lokal begrenzt. "2010 gab es eine Dürre und Missernten in Russland", sagt "Earth Security Initiative"-Chef Litovsky. Die Folge war ein starker Anstieg der Getreidepreise auf dem Weltmarkt und ein Stopp der russischen Exporte. In Ägypten wurden Lebensmittelpreise dadurch drastisch teurer. "Das", meint Litovsky, "war ein wichtiger Faktor für den Arabischen Frühling."
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